Eine unkonventionelle Entdeckungstour in Tilburg
Ich befinde mich mitten im historischen Viertel Dwaalgebied, als ich mein Hostel in einem ehemaligen Bankgebäude im Jugendstil betrete. Drinnen wird auf Italienisch und Englisch geplaudert und gelacht. Die Gäste spielen Billard, trinken Kaffee und unterhalten sich. Dieser Ort ruft Erinnerungen wach an weite Reisen und denkwürdige Begegnungen mit Einheimischen und Backpackern aus aller Welt. Aber ich befinde mich nicht auf einer Fernreise, sondern werde zwei Tage lang in dem mir unbekannten Tilburg unterwegs sein. Einer Stadt im Süden der Niederlande, die, wie sich schon bald herausstellen wird, in jeder Hinsicht Überraschendes bereithält.
Tag 1. Die Highlights in der Stadt
Tilburg ist für seine Experimentierfreude und Eigenwilligkeit bekannt. Dem schließe ich mich einfach an und beschließe, entgegen der üblichen Vorstellung von einem Städtetrip das Einkaufszentrum komplett links liegen zu lassen. Vom Hostel Roots schlendere ich durch die gemütlichen Straßen des Dwaalgebieds, einem Teil der Innenstadt zwischen Zentrum und Bahnhof. In den historischen Häusern eröffnen zurzeit viele junge Unternehmer interessante Concept Stores und schöne urbane Cafés.
Textilstadt Tilburg
Anschließend miete ich mir ein Fahrrad und radele auf die andere Seite der Bahngleise. Dort befinden sich zwei Spitzenmuseen: das De Pont (moderne Kunst) und das Textielmuseum. Tilburg war ein bedeutender Standort der Textilindustrie, diese Branche hat die Stadt groß gemacht. Das Museum, das in der alten Textilfabrik beheimatet ist, gibt einen ausgezeichneten Einblick in die Geschichte, den Produktionsprozess und die Kunst der Textilherstellung. Früher wurde in der Textilfabrik Tag für Tag hart gearbeitet. Heute sind es Künstler und Studierende, denen man hier, im TextielLab, bei der Arbeit zusehen kann.
Auf ein Bier, zum Campen oder zum Lernen in die Spoorzone
Ich setze meine Entdeckungsreise durch Tilburg im flippigen Spoorzone-Viertel fort. Wo sich früher das Eisenbahngelände befand, herrscht heute bunter Trubel mit Straßencafés und farbenfroher Streetart. Als Erstes werfe ich einen Blick in die LocHal, ursprünglich der Lokschuppen, heute die wohl beeindruckendste Bibliothek der Niederlande. Ein Stück weiter liegt der Spoorpark, wo sich der städtische Campingplatz, das tolle Restaurant T-Huis und der Kempen-Turm befinden. Auf jeden Fall einen Besuch wert!
Am Stadthafen vorbei nach Moerenburg
Am Stadthafen vorbei nach Moerenburg
Aber in Tilburg gibt es noch einen weiteren sehenswerten Park. Der Landschaftspark Moerenburg ist das, was man ein verstecktes Juwel nennen könnte. Auch der Weg dorthin lohnt sich bereits: Auf halber Strecke liegt der Tilburger Stadthafen, der Piushaven, wo man am Ufer entlangschlendern, ein Kanu mieten und auf zahlreichen Café- und Restaurantterrassen Platz nehmen kann. In Moerenburg selbst lässt sich entdecken, wie Tilburg auf ungewohnte Weise einen Park gestaltet. Hier sind Grün und Industrie vereint. Schafe grasen neben einem Abwasserpumpwerk und eiserne Kunstwerke sind in der Nähe einer historischen Hofanlage zu bewundern. Folge den Schildern für einen interessanten Spaziergang durch diese Umgebung.
Doloris Meta Maze
Ich beende den Tag im kultigen Doloris Meta Maze in der Spoorzone, dem größten Kunstlabyrinth der Welt. Ein Erlebnis, das man sich im Vorhinein unmöglich vorstellen kann und das im Nachhinein niemand wirklich zu beschreiben vermag. Mit verbundenen Augen und klopfendem Herzen starte ich in dieses wahnwitzige Abenteuer. Eines, das schließlich anderthalb Stunden dauern wird, denn den Ausgang aus diesem Irrgarten muss man erst einmal finden. Andererseits möchte man das auch nicht schneller tun, denn Treppen, Flure, Leitern, Rutschen und endlos viele Türen führen einen kletternd, kriechend, staunend – und ab und zu fluchend – durch ein Gewirr von Räumen voller Kunst und Illusionen.
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Doloris Meta Maze
Tag 2. Landgut De Utrecht
Kunstbegegnungen in der Natur
Kunstbegegnungen in der Natur
Am nächsten Tag verlasse ich die Stadt für einen Ausflug in die Natur, für den ich nur knapp 20 Minuten Fahrtzeit benötige. In Esbeek startet der Andreas-Schotel-Wanderweg über das „Landgoed de Utrecht“. Der Weg ist nach einem Rotterdamer Künstler benannt, der sich 1919 auf den ersten Blick in die Brabanter Landschaft verliebte und im Wald bei Esbeek ein Häuschen bezog. Seine Arbeiten und die von Künstlerkollegen, die er inspirierte, sind heute auf einem zehn Kilometer langen Wanderweg zu bewundern, der von lebensgroßen Kunstwerken gesäumt ist. Das sorgt für ein einzigartiges, teils bizarres Kunsterlebnis in einer malerischen Landschaft. Und damit passt es perfekt zum unkonventionellen Tilburg.